Himmlers Geliebte
Auf Seite 117 des Buches brütet der alte Wälterli über einer Bank-Vollmacht für eine Frau namens Hedwig Potthast, ausgestellt und unterschrieben von einem gewissen Siegfried Rädel, geboren am 7. März 1893 in Pirna. Wer Hedwig Potthast war, findet er schnell heraus: die Sekretärin Heinrich Himmlers, dessen Geliebte und die Mutter seiner zwei unehelichen Kinder.
Hedwig Potthast wurde am 5. Februar 1912 in Köln geboren. Ihr Vater war ein begüterter Kaufmann, der ein Konto seiner Firma beim ortsansässigen Bankhaus J.H. Stein hatte. Dieser Umstand sollte für das stille einzelgängerische Mädchen Jahre später von entscheidender Bedeutung sein.
Nach einem glänzenden Abitur verließ Hedwig Potthast ihr Elternhaus und lernte auf der Handelsschule in Mannheim Stenographie und Schreibmaschine. Sie wollte wie so viele Mädchen damals Sekretärin werden. Sie hatte nach Ende ihrer Ausbildung auch schon eine Stelle in Aussicht, als Heinrich Himmler „ein fleißiges deutsches Mädchen“ suchte…
Kurt Freiherr von Schröder, Teilhaber am Bankhaus Stein und Gründungsmitglied des „Freundeskreis Reichsführer SS“, kannte ein solches, und so bezog Hedwig Potthast am 2. Januar 1938 ihren Schreibtisch in Himmlers Büro.
Vier Wochen später kam es zu einer ersten privaten Unterredung zwischen beiden: Zu ihrem 26. Geburtstag schenkte Himmler Hedwig Potthast einen Kasten Pralinen.
Himmlers Ehe mit seiner Frau Margarete war zu diesem Zeitpunkt schon zerrüttet, obwohl sie inzwischen eine Tochter, Gudrun, hatten. Himmler litt unter ihren Launen, und Hedwig Potthast war der exakte Gegenentwurf zu seiner herrischen Ehefrau. Sie war klug, bescheiden, hatte Herzenswärme und drängte sich nicht in den Vordergrund, und so kam, was kommen musste: Immer häufiger übernachtete Himmler nicht mehr in seiner Villa in Berlin-Dahlem, sondern verbrachte seine Abende bei seinem „Häschen“ in einer kleinen Wohnung in Steglitz, wo Hedwig Potthast noch zur Untermiete wohnte.
Am 15 Februar 1942 gebar Hedwig Potthast einen Sohn. Das Kind hieß Helge und kränkelte von Geburt an. In den ersten Monaten konnte es nur mit Hilfe der Ärzte im SS-Lazarett Hohenlychen am Leben erhalten werden. Zwei Jahre später kam Tochter Nanette-Dorothea zur Welt.
Himmler ließ sich nie scheiden. Dass er eine Geliebte hatte und zwei uneheliche Kinder, war aber offenes Geheimnis.
Nach Kriegsende verliert sich die Spur von Hedwig Potthast. Als gesichert scheint, dass sich von da an der amerikanische Geheimdienst um sie „kümmerte“. Bis in die 70er Jahren legte ein Rechtsanwalt immer neue falsche Fährten, wenn sich Journalisten für sie interessierten. Angeblich hat sie in den 50er Jahren „auf Befehl“ des CIA einen unheilbar kranken Mann geheiratet, dessen Namen sie annehmen konnte.
Was aber könnte der Grund für den CIA gewesen sein, die Himmler-Geliebte bis zu ihrem Tod zu schützen? Einige Historiker vermuten, dass sie zuviel wusste über Himmlers letzte verzweifelte Versuche, gegen Kriegsende mit den Amerikanern einen Separatfrieden auszuhandeln.
Helge Potthast ist inzwischen verstorben. Nanette-Dorothea soll noch leben und unter anderem Namen als Ärztin arbeiten.
Gudrun Himmler, von ihrem Vater „Püppi“ genannt, lebt auch noch. Nach ihrer Hochzeit mit einem Journalisten heißt sie jetzt Burwitz. Der Ideologie ihres Vaters hat sie nie abgeschworen. Im Gegenteil: Trotz ihres hohen Alters ist sie immer noch in der rechten Szene aktiv, so im Verein „Stille Hilfe“, der ehemalige SS-Mitglieder in Notlagen unterstützt.
[...] schafft hier kein Sachbuch der Geschichtswissenschaft, sondern ein Blog-Eintrag zu einem zeitgeschichtlichen Roman des ehemaligen „Bild“-Chefredakteurs Udo Röbel. Bei Röbel [...]