21 Okt
2011
Veröffentlicht in: Quelle
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Das geheimnisumwitterte Horoskop-Archiv der SS

Dass Heinrich Himmler astrologiegläubig war, ist historisch belegt. Aber wie weit ging diese Besessenheit? Gab es im Reichssicherheitshauptamt wirklich ein riesiges Archiv mit astrologischen Dossiers über alle Nazi-Größen?
Bei meinen Recherchen stieß ich nur auf einen Artikel, der der deutsche Astrologe Theodor Keysers 1988 im „Meridian“, dem offiziellen Organ des Deutschen Astrologen-Verbandes, veröffentlichte. Darin schreibt er:
„…es ist aber kaum bekannt, dass neben der Reichsregierung noch einige Dienststellen der höheren Führung einen eigenen Astrologenstab gehalten haben, der sich intern mit dem Schicksal der Nazi-Größen beschäftigt hat. Über diese Astrologen ist nie geschrieben worden, und ihre Namen wurden bisher nie genannt.

Die Beratung für diese Dienststellen und die Horoskope wurden von einem Architekten namens Lorenz Mesch aus Lochham (Oberbayern) im Abonnement geliefert, der nach eigenen Angaben mit Hitler schon 1919 in vielfache persönliche Beziehungen kam.

Er konnte die laufende Ausarbeitung der Horoskope natürlich nicht alleine bewältigen. Er bedient sich deshalb der Mitarbeit des Schriftstellers E. Baumann in Planegg bei München, den er etwa mit der Hälfte des Honorars abfand, das er als Leibastrologe der Reichsführung SS aus deren Kasse bezog.

Es ist dokumentarisch belegt, dass durch die Reichsführung SS und des SS-Oberführers Wolff von allen führenden Nazis und Faschisten laufend Horoskope von diesen beiden Herren angefertigt wurden, die auf eigens dazu hergestellten Karteiblättern aufbewahrt wurden.

Das Verzeichnis der Horoskope enthält 134 Namen, darunter: Amann, Blomberg, Bormann, Bosch, Bouhler, Darré, Dorpmüller, Goebbels, Gömbös, Göring, Heß, Heydrich, Hierl, Himmler, Hitler, Hugenberg, Keitel, Krupp, Laval, Lebrun, Ley, Ludendorff, Milch, Mussolini, von Neurath, Papen, Rosenberg, Rausch, Rust, Schacht, Streicher, Terboven und Thyssen.
Diese Dienststelle bestellte auch Horoskope von ganzen Ländern, u. a. von Deutschland, Finnland, Frankreich, Tschechoslowakei, Sowjetunion und Österreich.

Die gesamten astrologischen Bestände und Unterlagen aus den Archiven der Gestapo, die astrologischen Büchereien aus beschlagnahmtem Besitz, sind ebenso wie das Hauptarchiv der Partei, das gegen Kriegsende noch nach Schloss Hohenburg bei Lenggries in den Alpen verlagert worden war, von der amerikanischen Besatzungsbehörde nach den USA abtransportiert worden.

Unter den noch ungehobenen Schätzen der Parteigeschichte liegt auch das gesamte Material zum Kapitel „Partei, Astrologie und Okkultismus“ ungesichtet begraben. Aus diesem Material stammt auch das abgebildete Horoskop von Dr. Konstantin Freiherr von Neurath, das von Herrn W.G. Krupkat vor dem Abtransport nach den USA abgelichtet werden konnte.
Kann man diesem Artikel glauben?

Bei meinen weiteren Nachforschungen fand ich den Sohn von Lorenz Mesch, der mir bestätigte, dass sein Vater auch als Astrologe gearbeitet habe. Allerdings habe er sich später mit den Nazis überworfen. Und auch an seinen Partner könne er sich noch erinneren. Nur, dass dieser Baumeister und nicht Baumann geheißen habe. Ein Mann mit Vollbart und einer dunklen brummigen Stimme, der öfters bei ihnen zu Besuch gewesen sei und sich mit seinem Vater unterhalten habe, während er als kleines Kind unter dem Tisch herumkrabbelte.

Dass „Baumann“ in Wirklichkeit Baumeister geheißen hat, belegt das einzige Dokument, das ich zu diesem Komplex noch in den Archiven gefunden habe: ein Begleitschreiben von Erich Baumeister vom 29.11.1936 an den Reichsführer SS, in dem er sich „gestattet“, Himmler eine „astrologische Studie“ über das Horoskop des spanischen Generals Franko zu übersenden.
In diesem Schreiben erwähnt er auch Mesch, dem er das Original der Studie überlassen habe.

Lorenz Mesch verstarb 1968. Und sein Sohn erinnert sich noch daran, dass nach seinem Tod die ganze Familie ratlos vor seiner Bibliothek gestanden habe mit seinen vielen astrologischen Büchern und Unterlagen. Niemand habe damit etwas anzufangen gewusst: „Wir haben dann den ganzen Glumbatsch im Garten verbrannt.“